Warmes und trockenes Wetter war in den letzten Wochen vorherrschend. Auch in diesem Spätsommer sind wieder viele Wespen unterwegs. Da viele Blühpflanzen als Nahrungsquelle für die Arbeiterinnen inzwischen entweder verblüht oder vertrocknet sind, suchen die Tiere deshalb bereits jetzt die Nähe des Menschen, um dort ihren Energiebedarf zu decken. Hans Greßirer, Landesfachgruppenleiter Arten- und Biotopschutz der bayerischen NaturFreunde und zertifizierter Hornissen- und Wespenberater informiert über den aktuellen Stand im Wespenjahr.
„Nur zwei der zwölf einheimischen Wespenarten trauen sich an unsere gedeckten Tafeln, nämlich die Gewöhnliche Wespe und die Deutsche Wespe“, erklärt Hans.
„Weil das Nahrungsangebot für die beiden Arten in der Natur heuer auch auf Grund der schon lange anhaltenden Trockenheit sehr knapp ist, kommen mehr Tiere an den Esstisch zu Besuch, obwohl die Völker nicht außergewöhnlich groß sind. Alle anderen Wespenarten interessieren sich nicht für unser Essen. Wespen sind Insektenjäger und füttern ihren Nachwuchs mit Fliegen, Mücken, Motten, Spinnen oder auch mit Aas. Als tierische Gesundheitspolizei sind sie ein wichtiger Teil natürlicher Nahrungsnetze und Ökosysteme.“, so Hans weiter.
Für viele Wespenarten geht das Wespenjahr nun langsam zu Ende: Nur die für uns ungefährliche Hornisse baut aktuell ihr Volk noch weiter auf. Die beiden für uns lästigen Arten Deutsche und Gewöhnliche Wespe haben ihren Entwicklungshöhepunkt erreicht. Bei diesen beiden Arten werden bereits männliche Tiere und Jungköniginnen herangezogen. Nur die begatteten Jungköniginnen überleben und gründen im nächsten Jahr ein neues Volk. Sie befinden sich in der sogenannten Reproduktionsphase.
Bereits einen Schritt weiter sind die „frühen“ Arten Sächsische Wespe und Waldwespe. Sie befinden sich schon in der Überwinterungsphase. Ihre Jungköniginnen sind schon auf der Suche nach einem Platz, an welchem sie in der Winterstarre bis zum Frühjahr ausharren können. In Ihren Nestern können sich aber noch letzte Arbeiterinnen befinden.
Für die Mittlere Wespe, Norwegische Wespe und die Rote Wespe geht das Wespenjahr nun zu Ende. Sie befinden sich in der Absterbephase, d.h. die Jungköniginnen haben auch hier die Nester verlassen und die Arbeiterinnen sterben sukzessive ab.
Bei den Haus-Feldwespen, die jetzt auch in die Absterbephase eintreten, können sich immer wieder Ansammlungen von Jungköniginnen in der Nähe des Mutternestes bilden. Oft überwintern die Jungköniginnen auch gemeinsam am Mutternest. Wegen der hohen Temperaturen im Hochsommer meiden die Jungköniginnen die enorme Hitze im Mutternest und versammeln sich zeitweise an kühleren Orten, wie etwa an den Schattenbereichen von Hauswänden oder gelegentlich auch im Wohnungsbereich.
Wespenalarm am Kaffeetisch muss nicht sein!
Hans rät dazu, etwas abseits vom Esstisch einen separaten Teller mit einem Stückchen Wurst oder Schinken sowie einem Klecks Marmelade oder überreifem Obst verläßlich über die Hochsommer und Herbstwochen anzubieten. Die Tiere gewöhnen sich an dieses verläßliche Futterangebot, sie sind ohnehin lieber unter sich und es kommen mit einer solchen Ablenkfütterung spürbar weniger Wespen direkt an unsere Teller. Die Befürchtung, mit einer Ablenkfütterung Wespen anzulocken ist unbegründet, denn die in der Umgebung lebenden Wespen sind ohnehin auf der Suche nach Futter unterwegs und finden, wie die Erfahrung lehrt, das Kuchenangebot am Kaffeetisch sehr schnell.
Außerdem rät er, Speisen und Getränke im Freien abzudecken. Ansonsten gilt: Ruhe bewahren und nicht hektisch nach den Wespen schlagen, das macht die Tiere aggressiv und erhöht die Gefahr, gestochen zu werden. Auch vom Anpusten der Wespenist dringend abzuraten!
Gerade angesichts des dramatischen Insektensterbens sollten wir Wespen und Hornissen mit Respekt und keinesfalls mit Gift begegnen. Von den etwa
600 heimischen Wespenarten sind 255 Arten gefährdet, weil wir ihre Lebensräume zerstören.“ so Hans weiter.
Übrigens: Nur wenige Arten bauen große Nester am Haus. In den allermeisten Fällen ist die Angst der Menschen vor Wespen unbegründet. Hornisse, Rote Wespe, Sächsische Wespe, Feldwespen und viele andere Arten sind friedliebende Tiere. Sie zu bekämpfen, ist unnötig und verboten! Deshalb müssen vor einer Bekämpfung am Haus unbedingt Fachleute vor Ort beurteilen, um welche Wespenart es sich eigentlich handelt. Die Giftspritze gehört, wenn überhaupt, in die Hand von Fachleuten, nicht von Laien.
Wer Beratung braucht, sollte sich an die Untere Naturschutzbehörde seines Landkreises oder seiner kreisfreien Stadt wenden. Dort bekommt man Rat und bei Bedarf auch die Kontaktdaten zur örtlichen Hornissen- und Wespenberater*in, die/der dann die notwendigen Schritte einleiten kann!